Weingut Gutzler
Das rheinhessische Hügelland ist bekannt für seine guten Weine. Sein südlicher Teil wird seit Jahrhunderten „Wonnegau“ genannt und dieser Name drückt das Lebensgefühl der Menschen recht treffend aus. Mitten im Wonnegau, in Gundheim, produzieren Gerhard Gutzler und sein Sohn Michael vom Weingut Gutzler ihre mehrfach prämierten Weine, deren Reben rund um den Ort und in Weinbergen in Westhofen, Nierstein und Alsheim auf 13 Hektar wachsen.
Die Lagen
Auch ein Teil vom Liebfrauenstift Kirchstück gehört seit einigen Jahren zum Rebbesitz. Nur Trauben, die dort im Schatten der Liebfrauenkirche liegen, dürfen eigentlich den berühmten Namen tragen, der 1744 erstmals urkundlich erwähnt wurde und der für viele Weinfreunde nach dem internationalen Boom als Marke für lieblichen Billigwein in Verruf geraten ist. Gutzler und seine Mitstreiter tragen durch ihre saubere Arbeit im Weinberg und im Keller zur Renaissance der Top-Lage bei. Schwerpunkt bei den Gutzlers ist der Spätburgunder mit knapp einem Drittel der Anbaufläche, dicht gefolgt vom Riesling mit 31 Prozent. Die weißen Burgundersorten folgen mit 17 Prozent und Silvaner mit sieben Prozent. Die Spitzenlagen des Weinguts sind das Wormser Liebfrauenstift Kirchenstück und der Westhofener Morstein.
Der Weg
Insgesamt verlassen jedes Jahr rund 110.000 Flaschen das Weingut. Nachdem Gerhard Gutzler das Weingut vor 22 Jahren von den Eltern übernahm ergänzte er es in den Folgejahren um eine Sektmanufaktur und eine kleine Destillerie. Zuerst waren es vor allem seine feinen Edlebrände, mit denen er auf sich aufmerksam machte, doch schon bald wurden auch seine feinen, dichten Rotweine von den Weinfreunden begeistert aufgenommen. Einer der Gründe dafür, dass Gutzlers Lager immer schon früh leer ist.
Der VDP
2006 entschieden sich die Gutzlers dem angesehenen Verband der Prädikats- und Qualitäts-Weingüter VDP beizutreten und Sohn Michael engagiert sich in der lebendigen jungen Winzervereinigung „Message in the Bottle“, die viel zum Revival der rheinhessischen Weine beigetragen haben. Die deutschen Weinführer sind von der Qualität, die Vater und Sohn Gutzler ablegen sehr angetan und verliehen dem Weingut höchste Weihen. Eichelmann verlieh ihm vier von fünf Sternen, der feine Feinschmecker nahm ihn in die Liste der 240 besten deutschen Weingüter auf. Sein Ziel sei es, wie er dem Branchendienst Wein-Plus verriet „in eleganter und harmonischer Weise Herkunft und Sortentypizität zum Ausdruck zu bringen“. Dafür geht er auch mal ungewohnte Wege und erhöht bei Neupflanzungen die Rebdichte auf bis zu 7.500 Reben pro Hektar, was die Reben zwingt, ihre Wurzeln tiefer in den Boden zu treiben, um ausreichend Wasser und Nährstoffe zu erhalten.
Die Weine
Außer den edelsüßen Prädikatsweinen bauen die Gutzlers ihre Weine ausschließlich trocken, aber meist nicht durchgegoren im Edelstahltank aus, um ihnen ihre fruchtige Frische zu bewahren. Ab 100° Öchsle Mostgewicht gehen die stark ertragsreduzierten schweren Weißen ins Barrique. Die Roten werden ebenfalls im Barrique oder im großen Holzfass ausgebaut. Gutzler hat dafür eine gute Nase und schafft es auch beim schwierigen Spätburgunder Holz und Wein gut miteinander zu verbinden und damit sehr kompakte Weine zu erzeugen.
Die Aussichten
Die Entwicklung über die Jahre ist bei den Gutzlers durchaus erfreulich und hat sich kontinuierlich gesteigert. Vielversprechend, wie wir finden, denn auch eine Verkostung von „alten“ Weinen, wie dem Dornfelder von 1993, zeigt, dass Gutzlers Weine durchaus Alterungspotenzial haben. Auch die 2006er Kollektion ist für ein derart schwieriges Jahr sehr gut gelungen.
TIPP
Fast nur unter Insidern ist Gutzlers 2003er Chardonnay extra brut Sekt bekannt und genießt fast Kultstatus. Kein Wunder also, dass er so gut wie ausverkauft ist. Sektfreunde sollten sich sputen!
Verkostungsnotizen
2006 Sauvignon Blanc GS trocken, QbA, 12.5%
Ein Bouquet dezent nach grünem Apfel mit sehr leichten Wachs- und Honignoten. Im Mund voll, mit Anklängen an Kräuter, Stachelbeere, grüner Apfel. Frische, kräftige Säure, mineralisch, dezente, limonige Bitternoten im Abgang. Ein schönes Beispiel für einen blitzsauberen Wein aus dem sehr schwierigen Jahr 2006. Für einen Sauvignon Blanc eher zurückhaltend, aber mit viel Substanz. Gut als Terrassenwein zu trinken, zu Geflügel oder Fisch.
2005 Wormser Liebfrauenstift Kirchenstück, Riesling, QbA, Großes Gewächs, 13%
Ausdrucksvolle, duftige Nase nach Aprikose, Fenchel und Anis, am Gaumen dicht und mundfüllend, konzentriert, wirkt trotz seiner Kraft frisch und harmonisch, sehr langer Abgang. Ein charakterstarker, außergewöhnlicher Riesling, der den Titel Großes Gewächs zu Recht trägt. Am besten pur trinken, mit Freunden, die eine Weinpersönlichkeit zu würdigen wissen.
2004 Morstein, Spätburgunder (Barrique), QbA, Großes Gewächs, 14.5%
Zunächst vor allem Röstaromen, mit Luft entwickelt sich ein dezenter Duft nach schwarzbeerigen Früchten im Hintergrund. Im Mund Karamell, exzellent integrierte Tannine, warm und konzentriert mit frischen Fruchtaromen nach Heidel- und Johannisbeere, sogar etwas Rhabarber als trinkanimierender Kontrapunkt, sehr langer Abgang. Der Wein wirkt trotz seines hohen Alkoholgehaltes frisch ohne jedoch seine Muskeln zu verbergen. Als Großes Gewächs steht dieser Spätburgunder dem Riesling in nichts nach. Paßt ausgezeichnet zu kräftigen Fleischgerichten. Wir haben ihn aber auch mit großem Genuß zu Pinzgauer Speck getrunken.
2001 Dornfelder GS (Barrique), QbA, 13.5%
Duftet nach Schwarzkirsche und Vanille, zunächst samtig und weich am Gaumen mit schokoladig-vanilligen Tönen, dann kraftvoll den Mund auskleidende Tannine und Fruchtaromen nach Kirschen und Pflaumen, sehr langer Abgang. Wer wissen möchte, wie guter, oder besser, sehr guter Dornfelder schmeckt, kommt an Gutzler nicht vorbei. Die Jahrgänge 2002 und 2003 stehen dem 2001er nicht nach. Wie exzellent Dornfelder reifen kann, zeigen Gutzlers 1993er und 1990er: Komplexe, noch heute kraftvolle und dennoch elegante Weine, die den Vergleich mit keinem großen Rotwein scheuen müssen. Zu Bitterschokolade oder Tandoorigerichten.
Text: Michael Ritter und Joachim Kaiser
Fotos: Eric Kaiser
Veröffentlicht in leicht mod. Form 2007 im Magazin Frankfurt, der Artikel ist nicht mehr online:
http://www.magazinfrankfurt.de/essen/weinco/deutschland/gutzlerbesuchbeimdornfeldermagier.html