Weingut BoudierKoeller


Weingut BoudierKoeller

Wer sich weit in den Norden ins pfälzische Alaska wagt, schon fast an der Demarkationsgrenze zu Rheinhessen, der wird reich belohnt. In Stetten am Donnersberg gibt es seit Kurzem ein neues, hoch interessantes Weingut: BoudierKoeller.

Das kennen wir ja schon: Ein millionenschwerer Unternehmer oder Schauspieler gönnt sich ein Weingut, große Weingüter kaufen Flächen kleiner Winzer auf und werden noch größer. Das nimmt man schon kaum mehr war. Aber ein neues Weingut, bei dem die Eigentümer selbst Hand anlegen, ist ungewöhnlich. Das gibt es bei weitem nicht alle Tage. Gegründet wurde das Weingut von Dr. Robert Boudier und Elmar Koeller. Die „Jungs“ sind eine echte Überraschung. Zwei gestandene Männer in ihren 60ern bzw. 40ern, lebenserfahren, genussfreudig und beseelt davon sehr guten Wein zu machen. Beide sind Quereinsteiger aus der Medizinbranche und arbeiten auch noch in dieser Sparte.
Ihre Basis, das alte Stettener Pfarrhaus, haben sie schon 2007 erworben, eine Betriebsnummer als Weingut haben sie aber erst seit 2010. Jan Gross, der jüngste im Gespann, ist vom Fach und wird ab dem 1. April 2013 als Partner und Betriebsleiter das Geschick des Weinguts mitbestimmen. Der Weinbautechniker (Bad Kreuznach) ist viel in der Weinwelt herumgekommen und hat in den letzten Jahren erfolgreich die Geschicke deutscher Weingüter geleitet.

Also auf nach Stetten ins winterfrostige Zellertal. Und die erste Überraschung ist perfekt: Das Weingut, im ehemaligen katholischen Pfarrhaus, einem klassizistischen Bau aus dem 19. Jahrhundert, wurde von den beiden stilsicher restauriert. Selten habe ich ein geschmackvolleres Ambiente und vor allem einen freundlicheren Empfang erlebt.
Zum Weingut gehört neben dem  Pfarrhaus der gegenüberliegende ehemalige Hof des Klosters Arnstein. Der Hof ist in den Hang hineingebaut und besitzt dadurch optimale natürliche Verhältnisse für ein Weingut. Dieser Hof geht auf eine Gründung der Mathilde von Tuszien aus dem 11. Jahrhundert zurück. Im Laufe der Jahrhunderte ist der Hof mehrmals abgebrannt, wurde zerstört und wieder aufgebaut. Gut kann man an der unverputzten Fassade die verschiedenen Bauabschnitte erkennen (siehe obiges Foto): Ganz unten – 14. Jahrhundert, mittig – Wiederaufbau nach dem 30jährigen Krieg, und oben drauf hat Freiherr Koffler von Millendt ab 1712 den roten Klinker aufgestockt. Im Keller gibt es noch Wände, die aus dem 11. Jahrhundert stammen. Beide Gebäude stehen natürlich unter Denkmalschutz. Im Hof laufen die Ausbauarbeiten zur Zeit noch. Neben dem Weingut wird es auch einige Zimmer für Übernachtungen geben. Das bereits fertig gestellte Zimmer ist sehr geschmackvoll eingerichtet, wurde von uns ausprobiert und für gut befunden.

Die verkostete Kollektion war ebenfalls eine echte Überraschung, vor allem, wenn man bedenkt, dass 2012 erst der zweite Jahrgang der beiden ist und keiner eine klassische önologische Ausbildung besitzt. Die Faßweinproben zeigten durch die Bank gute bis sehr gute 2012er.
Besonders erwähnenswert der 2012er Müller-Thurgau. Da gibt es meiner Meinung nach nur wenige, die mit BoudierKoellers MT mithalten können, z.B. Kress aus Hagnau in guten Jahren.
Der 2012er Sauvignon Blanc trocken ist ein pfeffrig-würziger Prachtbursche mit schon fast steiniger Mineralik.
Das herausragende Highlight ist sicher der 2011er ROT. Zur Zeit kenne ich keinen besseren Portugieser in Deutschland. Genau genommen handelt es sich um eine Cuvee aus 80% Portugieser, 15% Dornfelder und 5% einer sehr alten, wurzelechten, sehr kleinbeerigen, namentlich noch nicht identifizierten Teinture-Rebsorte. Die Reben stehen in der terrassierten Lage Goldloch in der Gemarkung des benachbarten Gauersheim.

BoudierKoeller orientiert sich an der dreistufigen Qualitätspyramide. Die Qualitätsstufen heißen aber nicht einfach Guts-, Orts- und Lagenweine, sondern sehr viel phantasievoller „Auf unserer Erde“, „Unter unserem Himmel“ und „Über den Wolken“.

Stand 2013 bewirtschaftet das Weingut ca. 7.5 ha. Alle Flächen liegen im Bereich Zellertal in den Gemeinden Stetten, Gauersheim und Albisheim. Es gibt im Zellertal viele aufgelassene, ehemalige Weinberge: Schwierig zu bearbeiten – zu steil für maschinelle Bearbeitung, zu grenzwertige Erträge. Bereits dieses Jahr sollen zwei dieser Flächen, ca. 2.5 ha, wieder bestockt werden. Im Gauersheimer Goldloch, ganz am Westende der Lage, ein fast vollständig nach Süden ausgerichtetes Flurstück mit Spätburgunder und im Albisheimer Heiligenborn, ganz in der Nähe des alten Wartturms, ein Flurstück mit Riesling. Das Weingut wird dann ca. 10 ha bewirtschaften. Bei den Flächen handelt es sich oft um relativ kleine Flurstücke. In den nächsten Jahren steht deshalb erst einmal Konsolidierung im Vordergrund, Flächenzusammenlegung und Arrondierung.

Der Sortenspiegel, bei dem heute Portugieser, Dornfelder und Müller-Thurgau die Hauptrolle spielen, soll in den nächsten Jahren durch Spätburgunder und St. Laurent noch rotweinlastiger werden. Trotz der Neupflanzung von Riesling im Heiligenborn will BoudierKoeller kein Rieslingweingut werden.

Rebsorte

% heute

% in 5 a

Dornfelder

12

6

Grauburgunder

<1

<1

Müller-Thurgau

12

10

Pinot Meunier

3

4

Portugieser

16

12

Riesling

3

10

Sauvignon Blanc

8

6

Scheurebe

8

0

Spätburgunder

<1

23

St. Laurent

0

3

Weißburgunder

5

6

Sonstige

33

20

Wie kommt man aus der Medizinbranche zum Weinbau? Ganz einfach, sagen die beiden, wir sind Genussmenschen und geben einiges  pro Jahr für Wein aus. Irgendwann haben wir uns gefragt: Warum machen wir nicht unseren Wein selbst? Da wissen wir wenigstens genau, was wir im Glas haben und sind uns sicher, dass er uns schmeckt!
Die Philosophie gilt auch heute noch. Ein Wein, den Robert und Elmar nicht selbst für gut empfinden, kommt gar nicht erst in die Flasche. Gerade in der Anfangsphase ist dies durchaus öfter vorgekommen. Dieser rigorose Qualitätsanspruch im Keller und im Weinberg soll sich nicht ändern, auch nicht unter Jan Gross, der als Partner und Betriebsleiter zukünftig Weinstil und Sortenspektrum maßgeblich mitbestimmen wird.
Die Entscheidung, Jan Gross mit in den Betrieb hineinzunehmen, war logisch und konsequent. Zwar haben Elmar Koeller und Robert Boudier mit intensivem Eigenstudium und enormen Fleiß eine erstaunliche Lernkurve hingelegt, wie ihre Weine schmeckbar zeigen, das Weingut hat aber mittlerweile eine Größe erreicht, die einen Full-Time-Job erfordert. Jan Gross, der im Wine-Business, spätestens seitdem er das Weingut Karl Schaefer wieder auf Trapp gebracht hat, kein Unbekannter mehr ist, ist mit seiner eigenen, auf Qualität orientierten Ausrichtung, sicher der passende Partner.

Es macht nicht nur Spaß Boudiers und Koellers Weine zu trinken oder mit ihnen über Wein zu reden, es ist auch ganz allgemein ein großes Vergnügen sich mit den beiden zu unterhalten. Elmar Koeller und Dr. Robert Boudier sind belesene und geistreiche Gesprächspartner. Auch ein Geschichtsprofessor hätte uns z.B. auf unserer Tour durch die Weinberge nicht interessanter über die Regionalgeschichte der Ortschaften und des Zellertals informieren können als Elmar und Robert.

Ich bin mir sicher, vom Weingut BoudierKoeller werden wir in den nächsten Jahren noch mehr hören, sehen und vor allem schmecken.

Links:
http://www.boudierkoeller.de/
https://www.facebook.com/pages/BoudierKoeller/231627480264737?fref=ts

Text und Fotos: Joachim Kaiser
Schwarz-Weiß-Foto: Jotwe Schröder