Frank John – Hirschhorner Hof
Frank John ist ein vielbeschäftigter Mann, gefragter Önologe, wenn es um Bio und vor allem Biodynamie geht, aber auch Winzer. 2002 hat er gemeinsam mit seiner Frau Gerlinde den Hirschhorner Hof in Neustadt an der Weinstraße (Königsbach) erworben, renoviert und begonnen sein Weingut aufzubauen. Mittlerweile helfen seine Tochter Dorothea und sein Sohn Sebastian tüchtig mit.
Frank John baut fast ausschließlich Riesling und Pinot Noir (Spätburgunder) an. Seinen ersten Jahrgang im Hirschhorner Hof hat er 2003 vinifiziert und demonstriert kontinuierlich, dass er kein reiner Theoretiker ist. Seine Rieslingstillweine, Rieslingsekte und Spätburgunder zählen zum Besten, was man in Deutschland aus diesen beiden Rebsorten finden kann.
Frank John hat ein Motto: „Große Weine alter Schule“. Deshalb sind die folgenden Punkte Standard-Operation-Procedure bei Frank John:
- Ausschließlich Bio (EU-Bio, Naturland), seit 2012 Biodynamie (Demeter) im Weinberg
- Riesling: Nur Buntsandsteinlagen
- Pinot Noir: Nur kalkreiche Lagen
- Handlese in mehreren Durchgängen
- Riesling: Schonende Pressung
- Pinot Noir: Maischegärung
- Spontane alkoholische Vergärung
- Spontaner biologischer Säureabbau (BSA)
- Riesling: Ausbau in großen Holzfässern (Halbstück-, Stückfässer)
- Riesling: Ein Jahr Lager auf der Vollhefe
- Sekte: Klassische Flaschenmethode mit minimal 36 Monate Hefelager
- Sekte: Brut Nature oder minimale Dosage (Brut)
- Pinot Noir: Zwei Jahre Ausbau im Holz (225 und 500 Liter)
- Pinot Noir: Unfiltriert abgefüllt
- Minimale Schwefelgabe erst vor der Füllung
- Hochwertige Naturkorken
- Flaschenreife
Ob man Johns Weine als ‚Alte Schule‘ bezeichnen möchte oder nicht, spielt keine Rolle. Für mich ist sie state of the art. Man muss auch kein Freund von Rudolf Steiners Philosophie, auf der die Biodynamie beruht, sein, um das Ergebnis im Glas würdigen zu können. Johns Interpretation von „alter Schule“ ist so modern wie überzeugend.
Biologischer Säureabbau (BSA) ist bei Rotweinen, wie Pinot Noir, und einigen weißen Rebsorten erwünscht, bei Rieslingen jedoch streiten sich die Geister. Die kräftige, saftige bis packende Säure verleiht Frische und ist ein Kennzeichen des Rieslings. Dieser Säurekick ist aber nicht jedermanns Fall. Weine mit BSA werden als weniger säurelastig, als milder, als schmelziger empfunden. Dabei ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass auch bei Riesling das eine oder andere Fass einen BSA durchläuft. In Österreich setzt mancher Winzer auch bei Grüner Veltliner und Riesling auf BSA. Und das, obwohl die Weine in der Regel wesentlich mächtiger und damit ’schmelziger‘ als deutsche Rieslinge sind.
Johns Rieslinge sind alles andere als mächtig. Bei nur 11 – 12,5% Alkohol sind sie feingliedrig, klar und transparent. Geprägt von einem Korb mit hellgelben Steinobst, von Weinbergspfirsich und auch von einer zurückhaltenden Zitrusnote. An Frische mangelt es den Rieslingen trotz des BSA keinesfalls. Der BSA macht sich eher strukturell als im Aroma bemerkbar, indem er die Weine sehr harmonisch, rund und außerordentlich ausgewogen macht.
Diese Ausgewogenheit und Harmonie ist ein jahrgangsunabhängiges, generelles Charakteristikum von Johns Weinen und trifft auch auf die Rieslingsekte und die Pinot Noirs zu. Was nicht heißt, dass die Weine uniform wären. Ganz im Gegenteil, Jahrgangsunterschiede kommen durch die minimale Einflussnahme im Keller sehr deutlich zum Ausdruck. Mal sind die Weine etwas herber, mal etwas mehr säurelastig, mal stärker oder schwächer im Alkohol und das Potpourri an Früchten variiert.
Verkostung vom 20. November 2022 im Hirschhorner Hof
Nach der Verkostung gab es einen sehr guten Alblinsensalat und ein exzellentes Boef Bourguinon. Schon alleine deshalb hätte es sich gelohnt nach Königsbach zu fahren, ganz abgesehen von den exzellenten bis hervorragenden Weinen.
2021 Riesling Buntsandstein, 12% (Demeter)
Feiner Duft nach Zitrus und Weinbergspfirsich, im Mund helle Grapefruit, leicht herb, klar, transparent und ausgewogen, 92/93
2020 Riesling Buntsandstein, 12% (Demeter)
Kräftigerer Duft als der 2021er, Zitruszesten, auch eine leicht kalkige Note, im Mund zudem Quitte und Karambole, klar, transparent und ausgewogen, 91/92
2019 Riesling Buntsandstein, 11,5% (Demeter)
Sehr feiner Duft nach Zitruszesten, dezent kalkig, im Mund zudem rosa Grapefruit und Weinbergspfirsich, klar, transparent, sehr harmonisch und lang, 94/95
2018 Riesling Brut 36, 11% (EU-Bio)
36 Monate Hefelager, recht fruchtiger Duft nach hellgelbem Steinobst und eine dezente Hefenote, frisch und animierend, trotzdem mit erheblichem Schmelz, 90/91
2017 Riesling Brut 50, 12% (Demeter)
50 Monate Hefelager, zunächst sehr zarter Duft, der erst mit Luft und Wärme zunimmt, dann deutlich Hefe, etwas kalkige Mineralität und hell- bis mittelgelbe Frucht, im Mund deutlich prägnanter, frisch und fast packend, trotzdem rund und harmonisch, 91/92
NV Riesling Brut Nature, 11,5% (Demeter)
Hellgelbes Steinobst, Hefe- und Briochenoten, im Mund frisch, animierend und trotzdem absolut geschmeidig und rund mit packende Tiefe und Länge, großes Kino 95/96
2021 Pinot Noir Kalkstein, 12,5% Fassprobe ungeschwefelt (Demeter)
Duftet nach Schwarz- und Sauerkirsche, auch dezent nach Veilchen, im Mund feine, runde Säure, sehr nachhaltig am Gaumen, harmonisch und rund, lang im Abgang, 95/96
2020 Pinot Noir Kalkstein, 12,5% (Demeter)
Im Duft dem 2021 sehr ähnlich, aber im Mund deutlich herber und damit fast etwas sperrig im Vergleich zu den bisherigen Weinen, was dem Gesamteindruck von Ausgewogenheit aber keinen Abbruch tut, 93/94
2019 Pinot Noir Kalkstein, 12,5% (Demeter)
Im Duft dem 2021 ähnlich, allerdings deutlich zurückhaltender mit einer sehr dezent buttrigen Note, im Mund sehr viel Schmelz, sehr geschmeidig, fast samtig, könnte meiner Meinung nach einen Tick mehr Säure als Gegengewicht zum Schmelz haben, das ist aber Geschmackssache, 93/94
2018 Pinot Noir Kalkstein, 12,5% (Demeter)
Leicht ätherischer Duft, Kirschen und angebissene Kirschkerne, im Mund frische, aber runde Säure, auch ein Hauch eines Hauchs animalisch (Brett?), trotz der fast feingliedrigen Klarheit mit gewisser Kraft, sehr ausgewogen und lang, 95/96
Text und Fotos: Joachim Kaiser