Caberlot – Dem einzigartigen Geschmack auf der Spur


2. Februar 2020, Caberlot im Restaurant KroneLamm, Bad Teinach-Zavelstein

Die Natur ist immer für Überraschungen gut. Und so war es eigentlich doch keine Überraschung als der Agrarwissenschaftler Dr. Remigio Bordini in den 1960er in der Nähe von Padua eine Rebmutation fand, die Eigenschaften sowohl von Cabernet Franc als auch von Merlot aufwies. Wolf Rogosky, hörte von dieser Entdeckung und traf Bordini. Er pflanzte 1986 in Mercatale Valdarno, zwischen Florenz und Arezzo gelegen, den ersten Weinberg, Il Carnasciale, nur 0,3 ha mit einer Pflanzdichte von 11000 Stock/ha. Die Rebsorte taufte er Caberlot, im Vitis International Variety Catalogue unter 25987 aufgeführt. Mittlerweile sind vier weitere Weinberge hinzugekommen, insgesamt 4,5 ha, von denen 3 ha im Ertrag stehen.

Die Caberlot-Macher, Bettina Rogosky, Sohn Moritz und Kellermeister Marco Maffei

Caberlot ist einzigartig in gleich mehrfacher Hinsicht. Erstens vereinigt sie in sich die geschmacklichen Eigenschaften mehrerer Rebsorten. Im Bordelais erzeugt man aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot geschmacksintensive und strukturstarke Weine. Caberlot ist ein reinsortiger Wein: Eine Rebsorte, ein Wein. Sein Geschmack variiert je nach Jahrgang, ist aber stets einzigartig, mal mehr in Richtung Cabernet Franc, mal in Richtung Merlot oder Cabernet Sauvignon. Kühle Jahrgänge können strukturell und von ihrer Kirschfrucht her sogar an Pinot Noir erinnern. Zweitens gibt es nur dieses eine Weingut weltweit, das Caberlot anbaut, Podere Il Carnasciale. Drittens ist die Produktionsmenge äußerst gering. In sehr guten Jahren werden maximal 3000 Magnums und einige wenige Doppelmagnums abgefüllt. Viertens, kein Wunder also, dass Caberlot auf der einen Seite so gut wie unbekannt, auf der anderen Seite ein von Insidern und Liebhabern hoch geschätzter Ausnahmewein ist. Und fünftens, Podere Il Carnasciale ist, seit der ersten Ausgabe 2011, im Slow Wine Guida vertreten.

Die fünf Caberlot-Flights und Jürgen Kling, der bis auf den 1988er alle Weine zur Verfügung stellte

Am 2. Februar fand eine einzigartige Verkostung von 15 Jahrgängen Caberlot statt. Vom ersten Jahrgang 1988 bis 2000 waren alle Jahrgänge vertreten. Zusätzlich die Jahrgänge 2006, 2005 und 2003. 1990 wurde keine einzige Flasche erzeugt, denn den sowieso geringen Ertrag haben in diesem Jahr die Wildschweine komplett aufgefressen. Organisiert hat diese Verkostung einer jener oben bereits erwähnten Liebhaber des Caberlots, Jürgen Kling aus Pforzheim. Die Teilnehmer kamen sogar aus Hamburg angereist. Die Eigentümer des Weinguts, Bettina und Moritz Rogosky sowie der technische Leiter und Weinmacher Marco Maffei, nahmen ebenfalls teil. Die Verkostung fand im Hotel Berlins KroneLamm in Bad Teinach-Zavelstein statt und wurde von einem exzellenten 4-Gänge-Menü von Sternekoch Franz Berlin begleitet. Zwei Restaurants unter einer Leitung: Das Restaurant Lamm ist auf regionale Küche mit Zutaten aus dem Schwarzwald spezialisiert, die Krone das Sterne-Gourmet-Lokal.

Das exzellente Menü bereitete Sternekoch Franz Berlin vor, Holger Klotz, Sommelier und gastronomischer Leiter, sorgte für den perfekten Service

Bei gereiften Weinen besteht immer die Gefahr von Ausfällen. Es spricht für die hohe Qualität der Weinmacher und der Rebsorte, dass es keinen wirklichen Ausfall gab. 1992 und 1989 schwächelten, waren aber durchaus noch gut trinkbar. Zwei schwierige Jahre, die einzigen, in denen keine Magnums, sondern nur 0.75 Literflaschen abgefüllt wurden. Herausragend waren die Jahrgänge 2000, 1999, 1996 und 1993. Weltklasse präsentierten sich der 1991er und der 1988er. Der 1991 überrascht mit einer enormen Vielschichtigkeit in der Nase und am Gaumen, sehr harmonisch, elegant, mit sehr langem Abgang und vor allem frisch mit keinerlei Altersnoten. Ein Monument, das weitere 30 Jahre reifen kann. Leider gab es nur 420 Magnums. Der 1988er steht immer noch großartig da. Zwar weißt er ganz dezente Reifenoten nach Leder auf, aber die elegante, fast kühle Stilistik und an Granatapfel, Kirsche und rotem Paprika erinnernde Frucht halten die Balance. Vom 1988, dem ersten Jahrgang überhaupt, gab es noch weniger Magnums, nur 350. Auch die weiteren Jahrgänge mussten sich nicht verstecken und zeigten das ausgezeichnete Reifepotential der Caberlots. Eine Caberlot-Verkostung in diesem Umfang wird es wohl nicht wieder geben. Von diesen Jahrgängen existieren kaum noch Flaschen, man kann sie großteils an fünf Fingern abzählen, Vom 1988er steuerte die Eigentümerfamilie des Weinguts Rogosky deshalb eine ihrer letzten Magnums bei.

Die Caberlot-Verkostung hat einmal mehr gezeigt, dass es sich lohnt auf Klasse statt auf Masse zu setzten.

Text und Fotos: Joachim A. J. Kaiser